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BEI BAUAUFTRÄGEN SOWIE LIEFER- UND DIENSTLEISTUNGEN GREIFEN UNTERSCHIEDLICHE VERGABE(VER)ORDNUNGEN 

An der Schule stehen Sanierungsmaßnahmen an? Klassenzimmer können  neu bestuhlt oder digitale Geräte angeschafft werden? Hier gilt zu beachten: Schulmöbel oder digitale Endgeräte können eine Summe erreichen, die ein bestimmtes Ausschreibungsverfahren für die Auftragsstelle (Kommune oder Schulträger als Vergabestelle beziehungsweise Schulverwaltungsamt als Beschaffungsstelle) notwendig machen. Vor allem in den letzten Jahren hat es bei der Auftragsvergabe Neuerungen und Änderungen gegeben. Auch sind verschiedene Vergabevorschriften zu beachten, die es einem nicht immer leicht machen, den Überblick zu behalten.

OBER- UND UNTERSCHWELLENBEREICH 

Ob eine Anschaffung europaweit oder national ausgeschrieben werden muss, bestimmen die sogenannten Schwellenwerte. Man unterscheidet zwischen Oberschwellen- und Unterschwellenbereich. Die Schwellenwerte sind für die Schätzung des Auftragswertes vor Beginn des Vergabeverfahrens relevant, denn erreicht oder überschreitet der zu vergebende Netto-Auftragswert den Schwellenwert (für Bauaufträge 5.382.000 Euro und für Liefer- und Dienstleistungen 215.000 Euro), ist ein öffentlicher Auftraggeber dazu verpflichtet, ein europaweites Vergabeverfahren durchzuführen und dabei die Regeln des Oberschwellenvergaberechts anzuwenden. Dieses Verfahren ist komplexer und zeitaufwändiger als eine nationale Ausschreibung im Unterschwellenbereich. 

VERGABEORDNUNGEN: UVGO, VGV UND VOB/A 

Die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen unterhalb des oben genannten Schwellenwertes regelt inzwischen die Unterschwellenvergabeordnung, kurz UVgO. Sie gilt aktuell in fast allen Bundesländern und hat die VOL/A – die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen, Abschnitt A – abgelöst. Oberhalb der EU-Schwellenwerte regelt seit 2016 die Vergabeverordnung, kurz VgV, die öffentliche Auftragsvergabe. Die Vergabe von Bauleistungen wird wiederum durch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Abschnitt A, kurz VOB/A, definiert. 

NATIONALE UND EU-WEITE VERGABEVERFAHREN

Unterhalb der Schwellenwerte, also für nationale Ausschreibungen, kennt das deutsche Recht folgende Vergabeverfahren: öffentliche Ausschreibung, beschränkte Ausschreibung mit oder ohne Teilnahmewettbewerb, Freihändige Vergabe (bei Bauleistungen nach VOB/A) beziehungsweise Verhandlungsvergabe mit und ohne Teilnahmewettbewerb (bei Leistungen nach UVgO). Leistungen bis zu einem geringen Auftragswert können unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sogar ohne ein Vergabeverfahren direkt vergeben werden (Direktauftrag). Oberhalb der Schwellenwerte unterscheidet das Europarecht folgende Vergabeverfahren: Offenes Verfahren (entspricht der öffentlichen Ausschreibung auf nationaler Ebene), Nichtoffenes Verfahren (entspricht der beschränkten Ausschreibung), Verhandlungsverfahren mit und ohne Teilnahmewettbewerb (entspricht der Freihändigen Vergabe), die Innovationspartnerschaft und den wettbewerblichen Dialog. 

WERTGRENZEN BESTIMMEN ART DER AUSSCHREIBUNG Für die Bestimmung des richtigen Ausschreibungsverfahrens sind die Wertgrenzen zu ermitteln. Dafür ist der geschätzte Nettoauftragswert der Leistung – ohne 19 Prozent Mehrwertsteuer – ausschlaggebend. Also konkret: Was werden die neuen Einbaumöbel in der Schule voraussichtlich netto kosten (Bauleistung) oder was die digitalen Endgeräte für die Digitalisierung der Schule (Lieferleistung)? Achtung: In den Bundesländern existieren jeweils unterschiedliche Wertgrenzen für die Ausschreibungsverfahren. Das Netzwerk der Auftragsberatungsstellen in Deutschland (www.auftragsberatungsstellen.de) ist Ansprechpartner aller Beschaffungsstellen des Bundes, der Länder und Kommunen bei Fragen zum öffentlichen Auftragswesen und hilft bei Unklarheiten weiter. 

FIRMEN AUF AUSSCHREIBUNGEN AUFMERKSAM MACHEN Weil Ausschreibungen ab einem gewissen Auftragswert auch öffentlich bekannt gegeben werden müssen, erfahren Handwerker, Hersteller und Lieferanten über Ausschreibungsportale, Tageszeitungen oder amtliche Veröffentlichungsblätter von den Ausschreibungen und können sich bewerben. Bei einer Freihändigen Vergabe oder Verhandlungsvergabe fordert die Auftragsstelle direkt ein Angebot von den gewünschten Firmen ein. Bei der beschränkten Ausschreibung wendet sie sich an eine Vorauswahl an Unternehmen, die mit oder ohne Teilnahmewettbewerb anbieten dürfen. Im Rahmen einer sogenannten Markterkundung darf die Auftragsstelle gewünschte Firmen bereits im Vorfeld kontaktieren, um über geplante Ausschreibungen zu informieren und um Teilnahme zu bitten, aber auch um Informationen für eine aussagekräftige Leistungsbeschreibung zu erhalten. Letztlich entscheiden bestimmte Kriterien wie der Preis (meist bei Bauleistungen) oder Nachhaltigkeit (beispielsweise bei Möbeln) darüber, welche Firma den Zuschlag erhält.

FLEXIBEL, DIGITAL UND PASSEND ZUM PÄDAGOGISCHEN KONZEPT: DAS SCHULMOBILIAR
Auch die Möbelindustrie hat die Zeichen der Zeit erkannt: Für Schulen gibt es flexibel anpassbares Mobiliar: höhenverstellbare Tische, ergonomische Stühle, rollbare Raumtrenner oder Sitzlandschaften in modularer Bauweise. Nach den Erfahrungen mit Homeschooling dürfte auch Blended Learning – das Verknüpfen von Online-Lernen mit Präsenzunterricht – noch stärker an Bedeutung gewinnen. Ein Spezialist für innovative Lernraumkonzepte, der besonders die neuen Rahmenbedingungen von Unterricht im Zeitalter der Digitalität berücksichtigt, ist Flötotto Learning Spaces mit Sitz in Hamburg. Aus dem Zusammenschluss des Schulausstatters Flötotto Einrichtungssysteme mit der Gesellschaft für digitale Bildung (GfdB) entstanden, kennt das Unternehmen die Bedürfnisse von Schulen nur allzu gut. Es verkauft Möbel in unterschiedlichsten Formen, die selbst von kleinen Kindern bewegt werden können, mobile Tafelelemente, die sich kinderleicht abhängen lassen, und bietet Zubehör zur Integration digitaler Endgeräte. Flexible Möbel bedeuten flexiblen Unterricht. Eine innovative Lernlandschaft erlaubt den schnellen Übergang von der Instruktionsphase zur Einzel- oder Gruppenarbeit und lässt sich, auch dank Zonierungen, vielfältig nutzen: als Werkstatt, Bühne, Ausstellungsraum, Kommunikationsplattform, Ruhezone oder Leseinsel. So wird der Unterricht für die Schüler*innen abwechslungsreicher und für die Lehrer*innen einfacher: Sie können ihre pädagogischen Szenarien frei gestalten und der Klassenraum wird zum dritten Pädagogen. 

TIPPS FÜR DIE UMSETZUNG

Es ist für Schulen ratsam, sich rechtzeitig Gedanken über Neuanschaffungen zu machen, indem sie nach Herstellern recherchieren, Preise vergleichen und sich von den Firmen beraten lassen. Auch sollten einige Kolleg*innen mit einbezogen werden, um deren Wünsche zu erfahren. Je genauer die Schulen ihre beabsichtigten Neuanschaffungen im Anforderungskatalog beschreiben, desto höher sind die Chancen, dass die Auftragsstelle Details aus dem Anforderungskatalog in die Ausschreibungsunterlagen übernimmt – allerdings ohne Nennung konkreter Hersteller- oder Produktnamen – und Angebote zu den von der Schule gewünschten Produkten eingereicht werden. Pandemiebedingt klagen viele Hersteller über Materialknappheit und Lieferengpässe; eine vorausschauende Planung und ein enger Austausch zwischen Schule und Auftragsstelle sind daher noch wichtiger geworden. 

WEITERFÜHRENDE INFOS

Zur Rechtsgrundlage von Vergaben informiert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: 

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/ vergabe-uebersicht-und-rechtsgrundlagen.html 

Über das Bundesministerium der Justiz ist die Verordnung über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen (VgV) einzusehen: 

http://www.gesetze-im-internet.de/vgv_2016/ BJNR062410016.html 

Über das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gibt es die Unterschwellenvergabeordnung zum Download: 

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/U/ unterschwellenvergabeordnung-uvgo.html 

Das Auftragsberatungszentrum Bayern informiert mit einer tabellarischen Übersicht zur VOB, UVgO bzw. VOL/A und zu den Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen bzw. Verhandlungs- und Freihändige Vergaben für Bund und Länder: 

https://www.abz-bayern.de/abz/inhalte/Anhaenge/ wertgrenzen-bund-und-bundeslaender.pdf

AUSSCHREIBUNGSLEXIKON MIT DEN WICHTIGSTEN BEGRIFFEN

Beschränkte Ausschreibung: Eine beschränkte Zahl von Unternehmen wird zur Einreichung von Angeboten aufgefordert – mit oder ohne Teilnahmewettbewerb. Oberhalb der Schwellenwerte, beim Nichtoffenen Verfahren, ist ein öffentlicher Teilnahmewettbewerb (öffentliche Aufforderung, Teilnahmeanträge zu stellen) zwingend erforderlich.

Europaweite Ausschreibungen: Vergaben, die bestimmte Auftragswerte (Schwellenwerte) übersteigen und daher europaweit auszuschreiben sind. 

Freihändige Vergabe (oberhalb der europäischen Schwellenwerte Verhandlungsverfahren genannt): Es werden direkt ausgewählte Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert, wobei sich die Aufforderung an mindestens drei Unternehmen richten soll, um ein Mindestmaß an Wettbewerb zu gewährleisten.

Innovationspartnerschaft: Verfahren zur Entwicklung innovativer, noch nicht auf dem Markt verfügbarer Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen und zum anschließenden Erwerb der daraus hervorgehenden Leistungen.

Nationale Ausschreibungen: Vergaben, die bestimmte Auftragswerte (Schwellenwerte) unterschreiten und daher national ausgeschrieben werden. 

Nichtoffenes Verfahren: Verfahren oberhalb der Schwellwerte, das einer Beschränkten Ausschreibung im Unterschwellenbereich entspricht: Eine beschränkte Zahl von Unternehmen wird zur Einreichung von Angeboten aufgefordert. Öffentliche Auftraggeber können zwischen dem Offenem und Nichtoffenem Verfahren bedingungslos wählen.

Offenes Verfahren (entspricht der öffentlichen Ausschreibung unterhalb der Schwellenwerte): Verfahren, in dem der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten auffordert.

Schwellenwerte: Sie bestimmen, nach welcher Vergabeart (europaweit oder national) ausgeschrieben werden muss. Für die unterschiedlichen Leistungen – Bauleistungen sowie Dienst- oder Lieferleistungen – gibt es unterschiedliche EU-Schwellenwerte. Die Berechnung des Schwellenwertes erfolgt durch Schätzung des Netto-Auftragswertes. 

Teilnahmewettbewerb: Potentiell geeignete Unternehmen werden öffentlich per Bekanntmachung aufgefordert, ihre Teilnahme zu beantragen und ihre Eignung zur Auftragsdurchführung nachzuweisen. Anschließend wählt der Auftraggeber unter den eingegangenen Teilnahmeanträgen diejenigen Unternehmen aus, welche zur Abgabe von Angeboten aufgefordert werden sollen. 

UVgO: Die Unterschwellenvergabeordnung ist eine Regelung für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen unterhalb der EU- Schwellenwerte. Sie ersetzt inzwischen in fast allen Bundesländern die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen – Teil A (VOL/A).

Wettbewerblicher Dialog: Verfahren zur Vergabe besonders komplexer Aufträge. Es handelt sich im Kern um ein „Nichtoffenes Verfahren mit vorgeschaltetem technischen Dialog“. Beispiele für komplizierte Aufträge sind große Computernetzwerke oder Verkehrsinfrastrukturprojekte.

Wertgrenze: Betrag, bei dessen Erreichen eine Leistung in einem bestimmten Ausschreibungsverfahren vergeben werden muss. In Deutschland werden die Wertgrenzen durch die Bundesländer bestimmt. Es gibt außerdem jeweils verschiedene Wertgrenzen für Bauleistungen sowie für Liefer- und Dienstleistungen.

VOB/A: Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Abschnitt A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen, regelt die Vergabe von Bauleistungen.

VOL/A: Die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen, Abschnitt A, regelt die Ausschreibung und Vergabe von öffentlichen Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte. Sie wurde in fast allen Bundesländern von der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) abgelöst.

Vergabeverordnung (VgV): Die neue Vergabeverordnung trifft nähere Bestimmungen über das einzuhaltende Verfahren bei der Vergabe klassischer öffentlicher Aufträge (ausgenommen: Bauleistungen) im Oberschwellenbereich (EU-Verfahren).

Verhandlungsverfahren: Vergabeverfahren, bei welchem sich der öffentliche Auftraggeber an ausgewählte Unternehmen wendet, um mit einem oder mehreren dieser Unternehmen über das oder die Angebote zu verhandeln. Zur Auswahl der aufzufordernden Unternehmen kann ein öffentlicher Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet werden. Im Gegensatz zu Offenen oder Nichtoffenen Verfahren sind hier Verhandlungen über den Auftragsgegenstand oder den Preis zugelassen.